Dass Verheiratete länger leben ist bekannt. Wenn nicht sogar trivial. Aber... leben länger? Länger als wer? Als Unverheiratete, nimmt man spontan an. Versteht man die Aussage so, ist sie wahr. Und trivial.
Denn ebenso haben Bischöfe eine höhere Lebenserwartung als Automechaniker. Und viel mehr Pensionierte erreichen ein Lebensalter von 90 im Vergleich zur Gesamtbevölkerung.
Bischof wird man nicht mit 25 Jahren, Automechaniker schon. Also sind Bischöfe älter als Automechaniker. Beim Mittelwert der Lebensjahre derer, die ein bestimmtes Alter schon erreicht haben, fehlt der Beitrag der kurzen Leben; dieser «zieht» den Mittelwert «herunter». Analog für Pensionierte im Vergleich zur Gesamtbevölkerung.
Ein ganz einfaches Beispiel zeigt das.
Wie alt werden diejenigen 70% dieser Population, die das 20ste Altersjahr überlebt haben? Ja, eben 80 Jahre. In Deutschland lag das durchschnittliche Heiratsalter 2015
Vereinfachen wir wiederum: In unserer «simple population» liege das Heiratsalter bei 31 Jahren. Nun wird deutlich, warum Verheiratete eine höhere Lebenserwartung haben:
20 % der Gesamtpopulation sterben, bevor sie das Heiratsalter erreichen. Deshalb hat es in der Gesamtpopulation viel mehr junge Gestorbene als in der Population der Verheirateten und der Mittelwert der Lebensjahre liegt tiefer.
Wie die konkreten Studien durchgeführt wurden, wird hier nicht untersucht (ein besseres Beispiel wird weiter unten erwähnt). Vergleicht man einfach Lebenserwartungen wie im Beispiel oben, wählt man die zu Vergleichenden unabsichtlich nach Alter aus. Damit die Auswahl aber repräsentativ ist, müssen alle Individuen einer Population die gleiche Chance haben, ausgewählt zu werden.
Die früh Verstorbenen werden hier aber nicht in die Probe aufgenommen, aus welcher die Lebenserwartung der Verheirateten bestimmt wird. Deshalb ist das Ergebnis verzerrt und die beiden Lebenserwartungen sind so wie hier erhoben nicht vergleichbar. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen.
Auch wenn die Studie in Bezug auf sampling error korrekt aufgebaut würde und sich wirklich zeigte, dass Verheiratete höhere Lebenserwartung haben, ergäbe sich daraus nicht, dass das Verheiratet sein die Ursache der höheren Lebenserwartung ist. Um einen Kausalzusammenhang zu entdecken, reicht es nicht, einfach zu gucken, was da ist. Man muss aktiv in das Geschehen eingreifen.
So wurde wiederholt festgestellt, dass in der Umgebung eines Dorfes gleichzeitig die Geburtenrate und die Anzahl nistender Störche steigt. Das beweist bekanntlich nicht, dass der Storch die kleinen Kinder bringt. Um das zu beweisen, müsste man beispielsweise aktiv Störche aussetzen.
Auf unseren nächsten Seiten können Sie nach Herzenslust Populationen leben und sterben lassen. Wir beginnen mit den Sterbewahrscheinlichkeiten der USA 2003 und berechnen
Die voreingestellten Sterbewahrscheinlichkeiten können Sie ändern, um deren Auswirkung auf die Lebenserwartung der unterschiedlichen Altersklassen zu untersuchen.
Aus der gleichen Quelle (Center for Disease Control, National Center for Health Statistics, April 2006) wurden hier auch noch Sterbewahrscheinlichkeiten für unterschiedliche Teilpopulationen (Männer, Frauen, Schwarze und mehr) zur Verfügung gestellt.
Gehen Sie von einer Population mit hoher Kindersterblichkeit aus. Verringern Sie die Kindersterblichkeit und erhöhen Sie die Sterblichkeit von 50-jährigen so, daß gegenüber der Ausgangspopulation die Lebenserwartung steigt und gleichzeitig Ältere geringere Lebenserwartung haben!
Eine der Studien zum Thema (Quelle: kommt noch) untersuchte die Lebenserwartung von Leuten, die schwer krank sind und sich einer bypass-Operation unterziehen mussten. Diese Personen sind wohl eher nicht nach Alter ausgesucht worden. Die Studie findet, dass verheiratete Schwerkranke länger lebten als unverheiratete Schwerkranke. Gelten die Ergebnisse, sofern sie für Schwerkranke zutreffen, auch für Gesunde? Hier werden nicht solche Studien beurteilt, sondern mögliche Fehlschlüsse aus statistischen Erhebungen diskutiert. Besonders betroffen sind Ergebnisse, die sehr suggestiv wirken wie eben die Aussage, dass Verheiratete länger leben.
Wir glauben alle schon zu wissen, warum das so ist.
Allzu oft zu Unrecht.
Im Lebenserwartungsrechner geben Sie für jede Altersklasse die Wahrscheinlichkeit ein, mit der ein Individuum dieser Altersklasse stirbt. Die Wahrscheinlichkeit ist als Dezimalbruch einzugeben, d.h. 100 % = 1, 70 % = 0.7 und so weiter.
Sterbewahrscheinlichkeiten über alle Altersklassen brauchen sich nicht auf 1 (bzw. 100 %) zu summieren; vielmehr summiert sich die Wahrscheinlichkeit, zu sterben, plus die Wahrscheinlichkeit, nicht zu sterben für jede Altersklasse für sich zu 100 %.
Bei wirklichen Lebenserwartungsberechnungen dauern die Altersklassen 1 Jahr statt deren zehn. Die Sterbewahrscheinlichkeiten pro Altersklasse sind empirisch ermittelt. Hier können Sie die Sterbewahrscheinlichkeiten beliebig verändern, um ihren Einfluss auf die Lebenserwartung zu sehen.
Spricht man von «Lebenserwartung» (in unserer Tabelle gelb unterlegt), meint man damit die (statistische!) Lebenserwartung eines Neugeborenen. Bei hoher Kindersterblichkeit wie in früheren Jahren ist die klein, weil die vielen kurzen Lebensdauern der jung Verstorbenen den Mittelwert «herunterziehen». Individuen, welche die kritischen Jahre erst einmal überlebt haben, können dann recht alt werden. Deshalb nimmt die Gesamtlebenserwartung mit der Altersklasse zu.